
Dicht umlagert ist der Kirchplatz von St. Otger am Samstagabend. Erwartungsfroh schauen vor allem die vielen Kinder auf, als es endlich losgeht. Der Große Zapfenstreich hat begonnen.
Die Fackelträger der freiwilligen Feuerwehr Stadtlohn eskortieren die Wiesentaler Musikkapelle und den Spielmannszug der Karnevalsgesellschaft durch die Menge auf den Kirchplatz, „militärisch“ beschützt durch die Wachgruppe des Schützenvereins St. Sebastian Wessendorf-Breul.
Vor den Ehrengästen Bürgermeister Helmut Könning, Pfarrer Stefan Jürgens, Martin Kömmelt als Oberst des Schützenvereins St. Sebastian und den Ehrenmitgliedern der Wiesentaler Musikkapelle nehmen sie Aufstellung. Major Erwin Plate vom Schützenverein kommandiert die Musiker mit militärischen Worten: „Stillgestanden … rührt euch … Augen geradeaus …“. Erst, wenn das erfolgt ist, macht Plate den Ehrengästen mit militärischem Gruß Meldung.
Im Schein der Fackeln vor dem mächtigen Kirchengebäude verwandelt sich Stadtlohn für eine Stunde in eine „militärische Bastion“, während die Wachgruppe ihre Holzgewehr längst von der Schulter genommen hat. Märsche gehören zum musikalischen Programm des Großen Zapfenstreichs, der in Stadtlohn zum letzten Mal im Jahr 2000 erklang. Damals feierte die Wiesentaler Musikkapelle ihren 100.Geburtstag. Jetzt wurde sie 110 Jahre alt. Aus diesem Anlass präsentieren sie die zeremonielle Form des Großen Zapfenstreichs als Dank an die Bevölkerung für ihre Treue.
„Helm ab zum Gebet“, erklingt Plates Stimme nach zwei Märschen und der Nationalhymne, die von vielen Zuschauern mitgesungen wird. „Melde gehorsamst, der Große Zapfenstreich ist beendet“, salutiert Plate zum Schluss vor der Ehrentribüne.
„Helm auf … das Gewehr über … Augen rechts … und marsch“, kommandiert er seine musikalische „Truppe“, die wieder von den Fackelträgern eingerahmt wird. Musizierend bahnen sie sich aus der Menge eine Gasse für den Abmarsch. Die Zuschauer sind begeistert und bedanken sich durch Applaus. Die militärischen Kommandos sind verhallt, während das Gewusel der zugeparkten Seitenstraßen sich langsam in Wohlgefallen auflöst. Stadtlohn ist wieder eine friedlich schlummernde Stadt.
Bereits seit einigen Wochen bereiten sich die Musikerinnen und Musiker der Wiesentaler Musikkapelle, sowie des Spielmannszuges der Karnevalsgesellschaft, die Fackelträger der freiwilligen Feuerwehr Stadtlohn und unsere Wachgruppe auf den „Großen Zapfenstreich“, der am Samstag, 02. Oktober 2010 gegen 19.30 Uhr, also bei Einbruch der Dunkelheit, vor der St. Otger Kirche aufgeführt wird, vor.
Der „Große Zapfenstreich“ geht geschichtlich gesehen in die Zeit der Landsknechte zurück.
Dort war es Brauch, abends zu einer festgelegten Stunde in den Feldlagern die Ordnung des Lagers für die Nacht herzustellen und den Beginn der Nachtruhe anzuzeigen. Das Zeichen für den Beginn der Nachtruhe wurde vom Profos gegeben, der in den Söldnerheeren der damaligen Zeit die Regimentsjustiz inne hatte.
Zu den Klängen eines Trommlers und Pfeifers zog der Profos durch die Schänken und gebot mit einem Schlag oder Streich auf den Zapfen des Fasses das Ende des Ausschanks, und die Landsknechte mussten sich zur Nachtruhe begeben.
Aus solchen Amtshandlungen entwickelten sich im 17. Jahrhundert die unterschiedlichsten Signale als Befehl für den Beginn der Nachtruhe. Der Brauch des Zapfenstreiches hat sich beim Militär bis weit in das 20. Jahrhundert hinein erhalten.
Nach seiner Funktion im Truppenalltag erhielt der Zapfenstreich im Laufe der Zeit auch eine zeremonielle Bedeutung. So wird der „Große Zapfenstreich“ noch heute zu vielen Anlässen wie beispielsweise bei der Verabschiedung eines Bundespräsidenten und Ähnlichem aufgeführt und gilt als das größte und feierlichste militärische Zeremoniell.
Dieses hohe Zeremoniell möchte die Wiesentaler Musikkapelle in Zusammenarbeit mit dem Spielmannszug der KG, der freiwilligen Feuerwehr und unserer Wachgruppe am 2. Oktober aus einem bestimmten Grund aufführen. Im Jahre ihres 110 - jährigen Bestehens möchten sich die Wiesentaler bei den Stadtlohnern für die jahrelange starke Unterstützung bedanken.
Der Befehlshaber, unser Major Erwin Plate, wird Bürgermeister Helmut Könning als Vertreter der Bürgerschaft und einigen besondern Gästen den „Großen Zapfenstreich“ melden.
Beginnen wird der Abend bereits um 18. 30 Uhr mit der Vorabendmesse in der St. Otger Kirche. Diese wird die Wiesentaler Musikkapelle zu Ehren ihrer Lebenden und Verstorbenen Mitglieder musikalisch mitgestalten . Im Anschluss daran wird gegen 19.30 Uhr der „Große Zapfenstreich“ aufgeführt.
Nach Ehrungen und Beförderungen schien die „Arbeit“ für den Vorsitzenden des Schützenvereins St. Sebastian in Wessendorf-Breul beendet zu sein. Er wollte sich gerade bei seinen Vorstandskollegen wieder einreihen, als er lautstark vom Oberst zurück zum Mikrofon beordert wurde. Eine besondere Überraschung hielt Geschäftsführer Helmut Terhörst für den Schützenvereinsvorsitzenden Günter Wewers bereit: nämlich die Verleihung einer silbernen Vorsitzendenkette.
In Abwesenheit ihres Vorsitzenden hatte der Vorstand kürzlich beschlossen, die Kette anzuschaffen, um den Vorsitzenden damit direkt aus „der versammelten Mannschaft“ herauszuheben und sofort erkennbar zu machen.
An der Kette hängt ein Emblem mit dem Ehrenmal des Vereins, darüber zwei gekreuzte Gewehre vor einer Zielscheibe. Umrahmt wird die Plakette von dem Schriftzug „St. Sebastian Wessendorf Breul 1964“. Auf den Seitenblättchen vermerkt sind die bisherigen Vorsitzenden, nämlich Gerhard Bitting von 1964 bis 1966, Heinrich Buning von 1966 bis 1996 und Günter Wewers ab 1996.